Nationalpark Hohe Tauern

Mythenreich:
Der Teufelstein in Rosental


Eine Sage aus Neukirchen am Großvenediger

Der Teufelstein in Rosental

Von Neukirchen kann man durch die Dürnbachau nach Rosental wandern. Sobald man den Wald verlässt, erblickt man auf einem Hügel nördlich der Salzach die Ruinen der Hieburg. Auf der Talseite gegenüber sind hoch oben im Wieserwald die Mauerreste der Friedburg zu erkennen.

Am Fuße des Hieburghügels liegt ein riesengroßer Felsblock, der Teufelstein. Diese Sage weiß zu berichten, wie der große Stein dahin gelangte:

Diether von der Friedburg, ein tapferer Mann, war von einem Kreuzzug zurückgekehrt. Bei einem Besuch auf der Hieburg verliebte er sich in die Tochter des Burgherrn und bald hielt er um ihre Hand an. Der Vater des Burgfräuleins vertröstete den Friedburger aber auf spätere Zeit. Er sollte sich noch ein entsprechendes Vermögen aneignen. Graf Diether zog in die Welt, einmal hatte er mehr Glück, einmal weniger. Aber nach Jahren kehrte er mit reicher Beute von verschiedenen Kriegszügen zurück. Das Mädchen von der Hieburg hatte wohl nicht mehr an die Wiederkehr des Friedburgers geglaubt. Sie hatte inzwischen mit einem Ritter von Felben (Mittersill) verlobt und schon bald sollte die Hochzeit sein.

Zuerst war Diether sehr traurig, doch dann wandelte sich seine Enttäuschung in Wut und Zorn. Vergeblich versuchte er, die Bauern für einen Ansturm auf die Hieburg zu gewinnen. All seine Schätze hatte er ihnen versprochen. So saß er eines Abends in seiner finsteren Kammer auf der Friedburg und grübelte, wie er die Hieburger vernichten könnte. Plötzlich fühlte er, dass er nicht mehr allein im Raum war. Schwefelgeruch lag in der Luft und Diether ahnte gleich, wer sein Besucher war. „Du kommst mir gerade recht,“ brummte er, „vielleicht gelingt es dir, die da drüben zu bestrafen für das, was sie mir angetan haben.“ Und er verschrieb seine Seele dem Teufel. Der sollte ihm helfen, die Hieburg mitsamt ihren Bewohnern ins Verderben zu stürzen.

Am Tag der Hochzeit auf der Hieburg braute sich im Obersulzbachtal ein schweres Gewitter zusammen. Blitze zuckten, ungeheuer grollte der Donner und ein wilder Sturm trieb die schwarzen Wolken heraus nach Rosental. Mitten in dem finsteren Wolkengebirge schwebte der Satan mit einem riesigen Felsbrocken in seinen Klauen. Den wollte er über der Kapelle der Hieburg fallen lassen, denn dort waren jetzt alle zur Hochzeit versammelt. Fast war er schon über seinem Ziel, da ertönte das geweihte Glöcklein, um den Bund der Brautleute zu besiegeln. Erschrocken ließ der Teufel die unheilbringende Last fallen. Der Stein stürzte genau auf Diether, der in der Nähe gewartet hatte, um den Untergang der verhassten Hieburger zu beobachten. Seine Seele wollte aus dem zerschmetterten Körper in den Himmel entfliehen, doch der Teufel ergriff sie und riss sie mit in die Hölle.

Den großen Felsbrocken nannten die Menschen den „Teufelstein“, er wird wohl noch lange da liegen ...

 

 

 

In der Eiszeit brachten die Gletscher diese Blöcke, die aus den Felswänden gebrochen und auf die Eisströme gestürzt waren, aus den Tauerntälern. Nach dem Abschmelzen der Eismassen blieben sie liegen. In früheren Jahrhunderten konnten sich die Menschen nicht erklären, wie solche Felstrümmer aus den Tälern heraus gekommen sein könnten und so gaben sie Anlass für so manche Sage. Unterhalb des Gipfels des Silberofens im Obersulzbachtal befindet sich eine große, tiefe Höhle im Fels. Das rechteckige Loch wird „Ofenloch“ genannt. Von diesem Ort könnte sich der Sage nach der Teufel den großen Felsblock geholt haben ...

 

Zutragungs- und Entstehungsort dieser Sage: 
Neukirchen am Großvenediger, Oberpinzgau/Salzburg

Text entnommen aus „Sagen aus Neukirchen“
2000 © Salzburger Nationalparkfonds, Gerlosstraße 18, 2. OG, 5730 Mittersill

Das Sagenbuch ist in unserem Webshop erhältlich.



Geschrieben von
Sarah Moser

18.11.2021